Bouleturniere bilden und sie führen durch Gegenden in Deutschland, die auch schon mal voller Überraschungen stecken. So brachte uns UTE, das ist die angenehme und überaus geduldige weibliche Stimme meines Navigationssystems, heute nach Neunkirchen im Saarland. Schon auf der Fahrt an Kaiserslautern vorbei fiel auf, dass wir uns offensichtlich in einer ausgesprochen waldreichen Gegend Deutschlands befinden. Nun, wenn man das erste Mal in Richtung Saarland fährt, überrascht das schon – hat man doch irgendwie ganz andere Vorstellungen.
Doch warum fährt man an einem schönen Samstagmittag ins Saarland, wo doch im Rheingau so viel geboten wird? Reiner verzichtete sogar auf das traditionelle Rhein-Schwimmen von Hattenheim nach Oestrich. Das muss doch einen Grund haben. Sonst fährt man doch nicht einfach so mal 150 km und zurück.
Nun, Walter war von Eric Barthel, einem der beiden Junioren, die man zuletzt in Rockenhausen kennen gelernt hatte, zum 1. Gerhard-Baab-Gedächtnisturnier nach Neunkirchen eingeladen worden. Da man mit Eric im September noch etwas gemeinsam vor hat, war es allein schon aus diesem Grund verständlich, dass man UTE beauftragte, an diesem Tag Neunkirchen anzusteuern. So konnte man einige notwendige Dinge persönlich besprechen. Auch das Gespräch mit dem saarländischen Jugendwart Dirk Schmidt, konnte so direkt geführt und alle offenen Fragen geklärt werden. Damit hatte sich ein wesentlicher Teil des Besuchs in Neunkirchen schon vor der ersten gespielten Kugel erledigt.
Eric gab sich alle Mühe, die beiden Gäste aus dem Rheingau zumindest teilweise mit den vielen neuen Gesichtern vertraut zu machen. Natürlich gab es einige Spieler, die man auch schon von anderen Turnieren kannte oder die man zumindest schon mal gesehen hatte. Aber in Neunkirchen überwogen die Spieler, die den beiden Rheingauern völlig unbekannt waren. Wie Eric erklärte, waren viele aktuelle und ehemalige Deutsche Meister und Topspieler zu diesem Turnier gekommen. Das Besondere: Aufgrund der Nähe zu Frankreich war es selbstverständlich, dass auch viele französische Teams im Starterfeld waren. Sprachlich war das für viele Einheimische kein Problem – ein ungeheurer Vorteil einer Grenzregion ist eben die weit verbreitete Zweispachigkeit. Hat schon was!
Jenny Scheuer, die Vorsitzende von Bouchon Neunkirchen, begrüßte die Turnierteilnehmer aus nah und fern – natürlich besonders die Gäste aus Frankreich. Sie erinnerte in Ihrer Begrüßung an den im Vorjahr leider verstorbenen Gründer und langjährigen Vorsitzenden des Vereins Gerhard Baab. Nach ihm wurde auch die an diesem Nachmittag eingeweihte neue Bouleanlage des Clubs benannt. Ein Gedächtnisturnier zu seinen Ehren war dafür sicher ein angemessener Rahmen und dies wurde von den Anwesenden auch mit lautem Kugelgeklapper bestätigt.
Boule wurde an diesem Nachmittag natürlich auch gespielt. Interessant auch das System: Nach drei frei gelosten Spielen in einer Vorrunde wurde eine Rangliste erstellt. Die obere Hälfte der Platzierten spielte dann im A-Turnier weiter, die untere Hälfte im B-Turnier. In diesen beiden Turnieren wurde dann in bekannter Form eine Cadrage und anschließend im KO-System weitergespielt. Reiner und Walter schafften es nach gutem Spiel an diesem Tag unter die letzten Acht im B-Turnier und es wurde schon dunkel als man die Heimfahrt antreten konnte. Zuhause angekommen fehlte nicht mehr viel bis Mitternacht.
War das den Aufwand wert? JA doch! Will man gegen gute und starke Mannschaften spielen, muss man auf Turniere fahren. Will man auch mal gegen andere Gegner als sonst üblich spielen, muss man ebenfalls auf Turniere fahren und dazu dann auch mal auf andere Turniere als die altbekannten. Auch wenn man nicht gegen die ganz starken Mannschaften spielt, so ist es zumindest hoch interessant diese ganz starken Spieler einmal persönlich zu sehen und zu beobachten. Oder hast Du schon mal ein Hochportée live gesehen, dessen Scheitelpunkt so hoch ist wie der Dachfirst eines Ein-Familienhauses und bei dem die Wurfkugel aus 9m-Entfernung genau 5 cm hinter der Sau aufschlägt und dann noch ziemlich genau 5 cm rollt, um ca. 10 cm hinter dem Schweinchen liegen zu bleiben? Na und? Das kann nur jemand fragen, der die Faszination von Boule noch nicht wirklich erfahren hat. Tolle Trefferquoten beim Schießen bei excellenter Schießtechnik sind hier fast Normalität. Und was besonders auffiel und von den beiden Rheingauern unabhängig voneinander hervorgehoben wurde:
– Die Atmosphäre dieses Turniers war völlig entspannt
– Die Sau wurde geworfen und dann sofort die erste Kugel gespielt
– es gab keine langwierigen Spaziergänge zwischen Wurfkreis und Zielkugel
warum auch – schließlich war es ein roter Ascheplatz
– auch über die Punkteverteilung haben wir keine längere Diskussion erlebt
Kurzum: Wirklich entspannt und ein ausgesprochen freundlicher Umgang miteinander. Vielleicht ist die Anwesenheit vieler wirklicher Könner ein gutes und probates Mittel gegen allzuviele eitle Selbstdarsteller. Uns hat es jedenfalls sehr gefallen und wenn wir nicht morgen überaus Wichtiges vorhätten, wären wir gerne noch bis zum Schluss geblieben. Aber sicher werden wir das beim nächsten Mal tun.
Ach ja, eine Einladung zum Ostermontagsturnier in Ensdorf (Saar) haben die Beiden auch noch gleich mitgebracht – müssen sich irgendwie ganz anständig eingeführt haben. Gute Gäste bei sehr guten Gastgebern. War ein schöner Tag.
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