Ein Ausflug zu den Masters de Pétanque

Sehen, staunen und begeistert sein – das zu erleben, waren auch Laif und Mirko aus Kassel angereist und machten in Winkel im elterlichen Gästezimmer Zwischenstation. So brachen am Freitagmorgen (29.7.2012) aus dem Rheingau sechs Boulebegeisterte auf und fuhren ca. 160 km nach Wissembourg im Elsass, gleich hinter der deutsch-französischen Grenze nur wenige Meter hinter dem Deutschen Weintor in Schweigen-Rechtenbach (Pfalz). In Wissembourg war eine Arena mit mobilen Tribünen rund um vier Spielfelder hergerichtet. Auf dem Asphalt des Marktplatzes war eine dünne Schicht Sand ausgebracht, auf der einige grobe Steine verteilt waren. So war ein „Kullern“ unmöglich (wäre auch unter der Würde der angetretenen Spieler gewesen) und trotzdem konnten die Kugeln überraschend präzise auf dem harten Untergrund platziert werden.

Für die Angekommenen gab es gleich zu Anfang eine kleine Enttäuschung: Dylan Rocher und Philipp Quintais, zwei Top-Stars des Pétanque, waren in Wissembourg leider nicht am Start. Das ist damit zu erklären, dass für die Turnierserie „Masters de Pétanque“ jedes Team aus vier Spielern besteht. Damit ist man gerüstet bei allen sechs Terminen auch bei Krankheit oder wichtigen anderen Terminen immer ein komplettes Team (Triplette) auf den Platz zu bringen. Aber die Spieler, die an diesem Tag in Wissembourg spielten, waren immer noch eine Ansammlung klangvoller Namen. So stellte Frankreich neben der aktuellen Nationalmannschaft vier weitere Teams, die alle einer großen internationalen Meisterschaft alle Ehre gemacht hätten. Komplettiert wurde das acht Mannschaften umfassende Feld durch das Team von Monaco, das Team aus Madagaskar und ein lokales Team aus dem Veranstaltungsort.

Das nach Ansicht der Rheingauer Besucher favorisierte Team „FRANCE 1“ mit Henri Lacroix, Bruno le Boursicoud und Philippe Suchaud (ein Team, das immerhin 9 Siege bei den Masters de Pétanque zu verzeichnen hatte) musste bereits in der ersten Runde nach einer Niederlage die Segel streichen, ebenso wie das Team „SEVILLA“ die zwar ohne Philippe Quintais, aber immerhin mit Christophe Sevilla, Matthieu Gasparini und Simon Cortes angetreten waren.

So wurde an diesem Tag aus Sicht der Rheingauer (und vermutlich nicht nur der) Jean-Marc Foyot zum absoluten Höhepunkt und Star dieses Veranstaltungstages. Fast 60 Jahre alt (Jahrgang 1953) war Foyot nicht nur der bestimmende Spieler des Teams mit Michel Schatz und Pascal „Bum-Bum“ Milei, sondern mit seiner Präzision beim Legen äußerst beeindruckend. Ulis Originalkommentar: „Legen ohne Worte“.

Dieser Mann ist, wie auch Mirko, der Foyot einmal in Florida traf, berichtete, sich seiner Ausstrahlung und seines Wertes für die Präsentation des Pétanquesports durchaus bewusst. Dazu eine kleine Episode: Vor dem Finale gegen die Formation Zvonko Radnic, Charles Weibel und Kevin Philipson ergab sich während des Einspielens eine sichtbar frozzelnde Unterhaltung zwischen Foyot und Radnic. Dann warf Zvonko Radnic, alles andere als ein Nobody in der Szene, das Schwein auf ca. 10m, die übliche Entfernung französischer Spitzenspieler, und legte anschließend seine Kugel etwa 20 cm neben die Sau. Marc Foyot, gerade noch im Gespräch mit Zuschauern, drehte sich nach dem aufkommenden Beifall für Radnic’s Wurf kurz um und warf seine Kugel mit einem tollen Höchstportée in Richtung Sau. Die Kugel blieb direkt an der Sau liegen. Ob nun ein Zufallstreffer oder nicht – das Publikum jauchzte vor Begeisterung und Marc Foyot nahm huldvoll die Ovationen mit erhobenen Armen entgegen. Der Mann weiß wirklich eine gute  Schau zu inszenieren!

Doch all das war Vorgeplänkel und nützte wenig im eigentlichen Finalspiel. Pascal Milei, der Schießer, bis dahin an diesem Tag beeindruckend sicher, hatte wohl irgendwie den Faden verloren und schoß nun plötzlich entweder ein Loch oder traf die gegnerische Kugel so unglücklich, dass sie im Zweifelsfall noch besser platziert war als vor dem Schuss. Zvonko Radnic glänzte mit dem, womit Marc Foyot die vorherigen Spiele beeindruckend dominiert hatte: ganz präzises Legen. Da sich Tireur Kevin Philipson und auch Milieu Charles Weibel kaum Schwächen leisteten, erspielte sich das Team schnell einen deutlichen Vorsprung. Die Sau ins Aus zu befördern, war mehrmals die letzte Rettung für das zurückliegende Team. Aber auch diesen Notausgang zelebrierte Marc Foyot mit der ihm eigenen Grandesse. Am deutlichen Sieg des Teams Radnic, Weibel und Philipson änderte aber all das nichts mehr. Eine herzliche Gratulation zum Sieg qualifizierte das an diesem Tag unterlegene Team als faire Sportler. Vielleicht läuft in der nächsten Runde schon alles anders.

Ein brütend heißer Tag war zu Ende an dem ganz großer Sport zu sehen war. In diesem Jahr lief es übrigens etwas anders als im Vorjahr: Dominierten im Vorjahr in einem wahren Schießerfestival die Tireure, so waren in diesem Jahr die Leger die bestimmenden Spieler.Was gab es zu lernen? Alles was vor der Sau an Kugeln liegen bleibt, egal wie weit weg und was so noch eine Gefahr darstellen könnte, wurde sofort weggeschossen – sollten wir uns merken.

Zurück in Winkel bereiteten sich Laif und Mirko bereits auf den nächsten Tag vor: Wenn man schon mal in der Gegend ist und der Termin so günstig ist, wollen beide am Samstag beim Mittelrheinpokal in Bacharach mitspielen.